Donnerstag, 25. April 2013

Breaking News

Nach fast vier Wochen, dann also doch: Die dänische Regierung mischt sich in den Konflikt zwischen Lehrer und Kommunen ein und wird im Eilverfahren ein neues Gesetz verabschieden, um die Schulen im Land wieder zu öffnen. Der Wunsch der Kommunen nach mehr Unterrichtsstunden pro Lehrer wird wohl am Wochenende gesetzlich festgeschrieben. Und nächste Woche ist dann endlich wieder alles beim Alten.

Die Verlierer sind die Lehrer, sie sind im April nicht bezahlt worden, müssen sehen wie sie den Stoff nachholen und sind einfach übergangen worden.

Donnerstag, 18. April 2013

Lockout die dritte

Die Schulen in Dänemark sind immer noch geschlossen, die meisten Lehrer dürfen ihren Arbeitsplatz nicht betreten. Die Kommunen als Arbeitgeber  wollen mit den Lehrern nicht verhandeln, die haben immer noch genug Geld in den Streikkassen, und so bewegt sich erst mal nichts. Die Regierung könnte eingreifen, will sie aber nicht. Man beruft sich darauf, dass das dänische System, Lockout vs. Streik, doch auch sonst funktioniert und wartet ab. Also warten wir alle mit.

Einige wenige Lehrer dürfen die Stellung halten, sie sind entweder nicht in der Gewerkschaft oder sind älter und haben noch den Beamtenstatus. Sie dürfen aber nur die Klassen unterrichten, die sie auch sonst unterrichten. Manche Kinder gehen also fast normal zur Schule, die meisten jedoch gar nicht. Zum normalen Stadtbild gehören jetzt Mamas und Papas, naja meistens erstere, die kleine Grüppchen gleichaltriger Kinder vor sich hertreiben, genauso wie Großeltern, die mit den Enkeln die Museen und Parks heimsuchen. Früh sieht man in den Autos und Bussen jede Menge Kinder brav neben Mama oder Papa sitzen, es geht gemeinsam zur Arbeit. Die Teenager pilgern durch die Einkaufszentren, sonnen sich und haben Zeit, sich drei Tage im Voraus fürs Justin Bieber Konzert anzustellen. Nichts eilt mehr.

Die vierte Woche wird ziemlich sicher kommen. Man kommt sich näher und tauscht die Kinder. Ich deins am Dienstag, du meins am Mittwoch und Freitag alle zur Freundin in Strandnähe. Alles verläuft entspannt und dänisch unaufgeregt. Die Lehrer protestieren jeden Tag mit teilweise wirklich sehenswerten Aktionen und haben noch die Sympathie der meisten Dänen.

Und irgendwo sitzen ein paar Meister der Zahlen und freuen sich insgeheim. Nicht nur sparen sie die Lehrergehälter, sondern auch die Heizkosten, Ausgaben für Materialien, Wasser und Strom. Das Reinigungspersonal wurde teilweise mal gleich entlassen. Die Schulmilch wird pulverisiert nach China verkauft, geliefert werden kann sie ja nicht, obwohl sie von den Eltern im Voraus bezahlt wurde. Es wurde versprochen, das gesparte Geld nächstes Jahr in Mehrstunden zu investieren und vielleicht, so munkeln manche, gibt es einen Zuschlag beim Kindergeld wegen der anfallenden privaten Betreuungskosten.

Sonntag, 7. April 2013

Ein Land ohne Schule

Seit einer Woche sind in Dänemark alle Schulen, mit Ausnahme der Gymnasien, geschlossen. Die Kommunen haben ihre Lehrer ausgesperrt. 900.000 Kinder und Erwachsene, sprich Lehrer, sind davon direkt betroffen. Dänemark hat etwas mehr als 5.5 Mio. Einwohner. Kinder haben Eltern und Großelter, die auch betroffen sind, und somit ist gerade das ganze Land betroffen.

Der Streit geht vordergründig um die Verteilung der Arbeitsstunden, daneben steht aber, die von der Regierung gewünschte Umgestaltung des Schulsystems im Raum. Dänemark soll Ganztagsschulen bekommen. Der Konflikt ist dadurch hochpolitisch, vielleicht auch was die Machtverteilung zwischen Regierung und Kommunen angeht. Die Lehrer drohten mit Streik, die Kommunen mit Lockout, das ist wohl ein ganz normales Verhalten im dänischen Arbeitskampf.

Jetzt bekommen die Lehrer erst mal gar kein Geld und Eltern können zusehen, wie sie ihre Kinder betreuen. Ich bin auch nach einer Woche noch total im Schock über diesen radikalen Schritt. An zwei Tagen war unser Kind letzte Woche in der Schule. Da wird die Klasse  normalerweise nicht nur von der Lehrerin, sondern auch von einem Erzieher betreut. Der ist vom Konflikt nicht betroffen und muss deshalb arbeiten und sich strikt neutral verhalten. Vor der Schule begrüßten die Lehrer ihre Schüler, rein durften sie nicht.  Über den Schulhof hüpfte ein Mädchen und skandierte: "Jeg elsker lockout." (Ich liebe Lockout.) Die Erwachsen lachten und hatten Sorgenfalten im Gesicht. Wer nicht die Großeltern einspannen kann, muss sich selber organisieren. Es wird Tauschhandel getrieben, ich nehme dein Kind am Montag und du meins am Donnerstag. Manche nehmen Urlaub oder unbezahlt frei. Viele nehmen die Kinder mit zur Arbeit. Nur einige Kommunen haben das ihren Angestellten untersagt. Man will ja Druck auf die Lehrer aufbauen. Der ist auch da. Fragt sich nur, in welche Richtung dieser Druck sich entlädt.

Montag, 1. April 2013

Lockout - Leider kein Aprilscherz

Seit Monaten liefern sich die Lehrergewerkschaft und die dänischen Kommunen einen erbitterten Tarifstreit. Es geht vor allem um das Stundenkontingent der Lehrer, bis jetzt unterrichten sie maximal 25 Stunden die Wochen und der Rest ist Vorbereitungszeit, Konferenzen und Elterngesprächen vorbehalten. Die Kommunen würden diese Grenze gern aufweichen und Lehrer gern nach Bedarf einsetzen, wobei im Land Lehrermangel herrscht und Mehrarbeit an vielen Schulen die Regel sein würde.

Da man sich nicht einigen konnte, drohten die Lehrer mit Streik. Die Kommunen hielten dagegen und machen ab morgen Ernst, sie sperren die Lehrer aus. Betroffen sind alle gewerkschaftlich organisierten Lehrer der Stufen 0 bis 9. Da in Dänemark fast jeder einer Gewerkschaft angehört, bleiben die Schulen für die nächsten zwei Wochen so gut wie leer.

Mein Sohn hat nur an zwei Tagen eine gesicherte Vormittagsbetreuung. Das sind die Tage, an denen normalerweise kein Fachlehrer in die Klasse kommt und die Kurzen von ihrer Kindergartenklassenlehrerin und einem Pädagogen betreut werden. Die Pädagogen sind in einer anderen Gewerkschaft und dürfen arbeiten. Auch die Nachmittagsbetreuung ist gesichert, ab fünf nach eins kann mein Kind betreut werden.

Die Aufsichtspflicht und die Arschkarte liegen bei den Eltern. Und ich habe nicht wenig Lust mein Kind morgen einfach im Rathaus abzugeben, soll sich die Kommune um die Betreuung kümmern. Aber das bleibt wohl mein Rachetraum, und stattdessen wird mein Sohn mit mir in der Sprachschule sitzen, deren Lehrer auch anderen Gewerkschaften angehören, und ich werde ihn wohl medial ruhig stellen, wenn ich arbeite.

Die Lehrergewerkschaft hat übrigens durchblicken lassen, dass ihre Streikkasse für zwei Monate reichen würde. Das macht mir Angst.